Zusammenfassung des Urteils Nr. 60/2011/6 und Nr. 60/2010/40: Obergericht
Der Beschuldigte wurde wegen schwerwiegender Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz zu einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten verurteilt. Aufgrund seiner mehrfachen Straftaten und der Rückfallgefahr wurde eine Landesverweisung angeordnet. Trotz seines langen Aufenthalts in der Schweiz und seiner familiären Bindungen wurde das öffentliche Interesse an der Ausweisung als überwiegend betrachtet. Die Rückfallgefahr aufgrund seiner Kokainabhängigkeit und die Schwierigkeiten bei der Reintegration in Portugal wurden ebenfalls berücksichtigt. Aufgrund des überwiegenden öffentlichen Interesses und der Vereinbarkeit mit dem Freizügigkeitsabkommen wurde die Landesverweisung bestätigt. (männlich
Kanton: | SH |
Fallnummer: | Nr. 60/2011/6 und Nr. 60/2010/40 |
Instanz: | Obergericht |
Abteilung: | - |
Datum: | 16.12.2011 |
Rechtskraft: | - |
Leitsatz/Stichwort: | Art. 24 RPG; Art. 6 NHG. Zulässigkeit und Landschaftsverträglichkeit des Projekts für einen neuen Siblinger Randenturm |
Schlagwörter : | Landschaft; Randen; Natur; Schutz; Landschafts; Gebiet; Bundes; Aussicht; Standort; Projekt; Erhaltung; Heimatschutz; Schutzziele; Randenturm; Turms; Interesse; Gutachten; Sockel; Interessen; Auffassung; Standortgebundenheit; Gestalt; Anlage |
Rechtsnorm: | - |
Referenz BGE: | 127 II 273; 90 I 341; |
Kommentar: | - |
Veröffentlichung im Amtsbericht
Der vorgesehene neue Randenturm erfüllt grundsätzlich die Voraussetzung der Standortgebundenheit, zumal es sich um den Ersatz für den bestehenden Turm aus dem Jahr 1882 handelt und die Errichtung von Aussichtstürmen auf den Randenhöhen einem seit dem 19. Jahrhundert anerkannten Bedürfnis des lokalen Tourismus entspricht (E. 3c).
In der geplanten Form mit einem massiven, technisch nicht erforderlichen Sockel und weiteren störenden Elementen (u.a. weit auskragende Aussichtsplattform, Chromstahldach, Überhöhung durch einen Fahnenmast) kann der Turm aber nicht verwirklicht werden, da er in dieser Form einen schweren Eingriff ins BLN-Gebiet Randen darstellen würde (E. 3c und e).
ENHK-Gutachten als massgebende Grundlage für die Beurteilung der Landschaftsverträglichkeit (E. 3c).
Die Gemeinde Siblingen möchte anstelle des bestehenden, baufälligen Randenturms einen neuen, höheren Turm errichten. Das kantonale Bauinspektorat erteilte die erforderliche baurechtliche Ausnahmebewilligung. Gegen diesen Entscheid erhob der Schweizer Heimatschutz durch seine lokale Sektion Rekurs an den Regierungsrat. Dieser wies diesen Rekurs ebenso wie einen Rekurs gegen die später erteilte Rodungsbewilligung ab. Das Obergericht hiess die gegen die beiden Rekursentscheide erhobenen Verwaltungsgerichtsbeschwerden gut.
Aus den Erwägungen:
3.a) Zu prüfen ist zunächst, ob für das vorliegende Projekt (Ersatz des bestehenden Siblinger Randenturms durch einen Neubau mit Verlegung des Wanderweges sowie Erstellung einer provisorischen Bauzufahrt auf dem Grundstück GB Siblingen Nr. 4 Schlossranden) eine Baubewilligung erteilt werden kann. Das betroffene Gebiet liegt gemäss Bauordnung der Gemeinde Siblingen vom 25. Februar 2005 in einem als Verkehrsfläche (weisse Farbe) umschriebenen Gebiet. Wie der Regierungsrat jedoch zu Recht ausgeführt
hat, kann es sich nicht um eine eigentliche Verkehrsfläche handeln, liegt doch weder eine Strasse noch ein Platz vor. Vielmehr ist die betreffende Fläche naturbelassen und gemäss Zonenplan vollumfänglich von Wald umgeben, weshalb es sich jedenfalls um ein Gebiet ausserhalb der Bauzonen handelt. Überdies liegt das fragliche Gebiet gemäss kantonalem Richtplan1 und Naturschutzverordnung2 im Engeren Randenschutzgebiet (ERS) des BLN-Gebietes Randen.3 Da unbestrittenerweise kein zonenkonformes Bauprojekt vorliegt, ist somit eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG4 erforderlich. Eine solche kann nur erteilt werden, wenn der Zweck der Baute und Anlage einen Standort ausserhalb der Bauzonen erfordert (lit. a) und keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (lit. b).
An die Standortgebundenheit eines Vorhabens im Sinn von Art. 24 lit. a RPG sind strenge Anforderungen zu stellen, um der Zersiedelung der Landschaft entgegenzuwirken. Die Standortgebundenheit ist nach der bundesgerichtlichen Praxis zu bejahen, wenn eine Anlage aus technischen betriebswirtschaftlichen Gründen wegen der Bodenbeschaffenheit auf einen Standort ausserhalb der Bauzone angewiesen ist wenn ein Werk aus bestimmten Gründen in einer Bauzone ausgeschlossen ist. Die Standortgebundenheit muss ausserdem einem aktuellen und tatsächlichen Bedarf, nicht bloss subjektiven Wünschen, entsprechen. Sie fehlt, wenn sie im Hinblick auf eine künftige, sich nur möglicherweise realisierende Situation behauptet wird wenn der vorgebrachte Zweck der Baute nur vorgeschoben ist. Die Standortgebundenheit eines Vorhabens folgt schliesslich auch nicht aus dem Umstand, dass in unmittelbarer Nähe ein zonenwidriges Bauwerk gleicher Zweckbestimmung schon besteht. Dagegen können Bauten, die einem zonenfremden, aber standortgebundenen Betrieb dienen und aus technischen betriebswirtschaftlichen Gründen notwendig sind, ebenfalls als standortgebunden anerkannt werden (sogenannte abgeleitete Standortgebundenheit). Ausreichend ist sodann eine relative Standortgebundenheit. Es ist nicht erforderlich, dass überhaupt kein anderer Standort in Betracht fällt; es müssen jedoch besonders wichtige und objektive Gründe vorliegen, die den
Vgl. Kantonaler Richtplan (Zusammenfassung Richtplan 2001 und Anpassung/nachgeführt 2006), Grundlagen Landschaft, S. 52 mit Karte BLN-Gebiete.
§ 11a der Verordnung über den Naturschutz vom 6. März 1979 (Naturschutzverordnung, NHV/SH, SHR 451.101) mit Anhang III (Karte Abgrenzung BLN-Gebiet Randen).
Vgl. dazu Verordnung über das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler vom
10. August 1977 (VBLN, SR 451.11) mit Anhang Ziff. 1102 zum BLN-Gebiet Randen.
Bundesgesetz über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG, SR 700).
vorgesehenen Standort gegenüber anderen Standorten innerhalb der Bauzone als viel vorteilhafter erscheinen lassen.5
Unter Beachtung dieser Grundsätze erscheint das vorliegende Projekt im Prinzip als standortgebunden, was unbestritten ist, zumal es sich um den Ersatz eines schon seit 1882 bestehenden Aussichtsturms handelt, welcher baufällig ist und aus Sicherheitsgründen nicht mehr bestiegen werden darf. Die Errichtung von Aussichtstürmen auf den Randenhöhen, welche einen Ausblick auf die umgebende Landschaft und eine Fernsicht auf die Alpen ermöglicht, entspricht überdies einem berechtigten Bedürfnis des lokalen Tourismus, wie es schon seit dem 19. Jahrhundert besteht.6 Keine Standortgebundenheit besteht demgegenüber grundsätzlich für Anlagen bei Aussichtspunkten, mit welchen lediglich ein Wahrzeichen in der Landschaft bzw. ein besonderes Landschafts-Kunstwerk geschaffen werden soll.7 Umstritten ist vorliegend auch noch die Frage, ob der vom Beschwerdeführer als massiv empfundene Sockel mit dem vorgesehenen Magazin standortgebunden sei. Diese Frage kann jedoch offen gelassen werden, da das Projekt in der vorgesehenen Form bzw. mit dem geplanten Sockelbau wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt ohnehin nicht realisiert werden kann.8
Einem standortgebundenen Bauvorhaben dürfen als zweite Voraussetzung gemäss Art. 24 RPG - keine überwiegenden Interessen entgegenstehen.9 Art. 24 lit. b RPG verlangt, dass alle sich widerstreitenden räumlichen Interessen (private und öffentliche) ermittelt, gegeneinander abgewogen und mit sachgerechten Erwägungen gewichtet werden.10 In diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sind auch die besonderen Abwägungsvorschriften des Naturund Heimatschutzgesetzes11 zur Landschaftsverträglichkeit von Bauprojekten, zumal es sich bei der Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach Art. 24 RPG wie übrigens auch bei der Erteilung einer Rodungsbewilligung - um eine Bundesaufgabe handelt und daher die Vor-
Vgl. dazu BGE 1C_328/2011 vom 7. März 2011 (Hotel Uto Kulm, Uetliberg) sowie Peter Hänni, Planungs-, Bauund besonderes Umweltschutzrecht, 5. A., Bern 2008, S. 220 f.
Vgl. dazu auch das Gutachten der ENHK zum Neubau des Beringer Randenturms vom 4. Oktober 1996, S. 2, sowie die von der kantonalen Denkmalpflege am 22. Oktober 2010 eingereichten Unterlagen (mit Hinweisen auch zur Geschichte des bisherigen Turms).
Vgl. dazu den Entscheid des Kantonsgerichts Appenzell Innerrhoden vom 6. September 2005, ZBl 2006, S. 489 ff. (mit redaktionellen Bemerkungen).
Vgl. zur strengen Beurteilung einer abgeleiteten Standortgebundenheit von Magazinen und Geräteräumen ausserhalb der Bauzone auch OGE Nr. 60/2007/42 vom 20. August 2010, E.2, Amtsbericht 2010, S. 100 ff.
Art. 24 lit. b RPG.
Vgl. auch Art. 3 der Raumplanungsverordnung vom 28. Juni 2000 (RPV, SR 700.1).
Bundesgesetz über den Natur und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG, SR 451).
schriften der Art. 2 ff. NHG zur Anwendung gelangen. Im Bereich der in die Bundesinventare gemäss Art. 5 NHG aufgenommenen Gebiete, also insbesondere auch in dem vorliegend durch das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) geschützten Gebiet, darf ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleichoder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.12 Wo die Erteilung einer Ausnahmebewilligung ein Objekt erheblich beeinträchtigen kann, wie dies vorliegend der Fall ist, muss grundsätzlich ein Gutachten der Eidgenössischen Naturund Heimatschutzkommission (ENHK) eingeholt werden.13 Dabei ist allerdings zu beachten, dass nicht jedes Bauvorhaben zu einem Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung führen muss. Mögliche Beeinträchtigungen sind vielmehr an den verschiedenen Schutzzielen zu messen, die in den gesondert veröffentlichten Beschreibungen zu den Inventargebieten festgehalten werden.14 Diese Schutzziele sind allerdings namentlich beim Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN) oft sehr allgemein gefasst und wenig aussagekräftig; sie müssen im Anwendungsfall von den zuständigen Behörden regelmässig noch konkretisiert werden, wobei der ENHK als besonderer Fachbehörde eine wichtige Funktion zu kommt; die entscheidenden Behörden dürfen von deren gutachterlichen Feststellungen nur aus triftigen Gründen abweichen.15
Der Beurteilung durch die kantonale Naturund Heimatschutzkommission (KNHK), welche namentlich bei heiklen Vorhaben im Bereich der in kantonalen Inventaren aufgeführten Schutzzonen und -objekten beizuziehen ist,16 kommt daneben schon aus grundsätzlichen Überlegungen nur eine untergeordnete Bedeutung zu, zumal wie erwähnt bei möglicher erheblicher Beeinträchtigung von Bundesinventarobjekten ein Gutachten der Eidgenössischen Naturund Heimatschutzkommission obligatorisch eingeholt werden muss und primär die eidgenössische Kommission für die gleichmässige Durchsetzung der Inventarvorschriften im ganzen Land verantwortlich ist. Im
Art. 6 NHG.
Art. 7 NHG; vgl. dazu auch BGE 127 II 273 E. 4b, S. 280 f., und neuerdings das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Nr. A-8386/2010 vom 1. Dezember 2011, E. 6.4, je mit weiteren Hinweisen.
Vgl. zum Ganzen auch Waldmann/Hänni, Handkommentar Raumplanungsgesetz, Bern 2006, Art. 24 Rz. 22, S. 593 f.
Vgl. dazu und zur laufenden Überarbeitung der gebietsspezifischen BLN-Schutzziele Rausch/ Marti/Griffel, Umweltrecht, Zürich/Basel/Genf 2004, Rz. 552 f., S. 183 f., und Rz. 568,
S. 189, sowie Arnold Marti, Das Schutzkonzept des Naturund Heimatschutzgesetzes auf dem Prüfstand, SJZ 2008, S. 81 ff., S. 89 f., je mit weiteren Hinweisen.
Vgl. Art. 14 Abs. 2 des Gesetzes über den Natur und Heimatschutz im Kanton Schaffhausen vom 12. Februar 1968 (NHG/SH, SHR 451.100).
vorliegenden Fall wird auf die Beurteilung der KNHK auch deshalb nicht abgestellt, weil gegen X., welcher gleichzeitig KNHK-Mitglied und Vorstandsmitglied des Schaffhauser Heimatschutzes ist, Befangenheitsrügen erhoben wurden. Selbst wenn die Beurteilung der KNHK ebenfalls herbeigezogen werden könnte, würde sich am Ergebnis jedoch nichts ändern, da auch die kantonale Naturund Heimatschutzkommission bezüglich des vorliegenden Bauvorhabens zu einem negativen Ergebnis gelangt ist.17
Die Bedeutung des BLN-Objekts Nr. 1102 Randen wird im Bundesinventar wie folgt umschrieben: Typische Tafeljura-Landschaft. Schichtenfolge der Juraformation mit interessanten Aufschlüssen. Reich an Versteinerungen. Ausgesprochenes Waldund Landwirtschaftsgebiet. Bis heute extensive Bewirtschaftung, daher weitgehend natürliche Erhaltung der Vegetation. Reiche Flora mit zahlreichen Einstrahlungen von kontinentalen Florenelementen aus dem Donaugebiet, submediterranen Elementen aus Südeuropa und subalpinen Elementen aus dem Alpengebiet. Trockenheit und Wärme liebende Vegetation an Südhängen. Wichtiges Wandergebiet. Für das durch das vorliegend zu beurteilende Projekt betroffene Gebiet des Siblinger Randens hat die ENHK in ihrem Gutachten sodann folgende konkretisierten Schutzziele formuliert:
Ungeschmälerte Erhaltung der stark bewaldeten und noch weitgehend von technischen Infrastrukturen und störenden Bauten frei gebliebenen Landschaft.
Ungeschmälerte Erhaltung der naturnahen Lebensräume, insbesondere derjenigen mit trockener Ausprägung, und der darin vorkommenden standortspezifischen seltenen Tierund Pflanzenarten.
aa) Bei der Beurteilung des vorliegenden Projekts gelangt die ENHK zum Schluss, dass dieses einen schweren Eingriff in das BLN-Objekt Randen darstelle, zumal es aus zwei unterschiedlichen Gründen nicht mit dessen Schutzzielen vereinbar sei. Dies wird wie folgt begründet:18
Zum einen erweist sich die Gestaltung des Turmsockels als zu massiv und der Umgebung unangepasst. Während dank der transparenten Gestaltung des heutigen Stahlturms der natürliche Felssporn nur wenig beansprucht und verstellt wird, und zudem der Wanderweg unter dem Turm hindurch geführt werden kann, sieht das Projekt für den neuen Turm ein massives, 4 m hohes, die Fläche eines kleinen Einfamilienhauses beanspruchendes, raumhaltiges Fundament vor. Auf den Steinkorbsockel soll eine axial zwischen zwei Steinkorbmauern gesetzte Treppenanlage hochführen. Damit wird ohne überzeugenden Zweck - der entstehende Hohlraum ist als Abstellraum von untergeordneter Bedeutung und der ökologische Nutzen einer im Schatten liegenden Steinkorb-
Vgl. Bericht der kantonalen Naturund Heimatschutzkommission vom 29. April 2009.
Vgl. Gutachten, S. 4 f.
mauer ist hochgradig fraglich - die Waldlichtung an ihrem südwestlichen Ende komplett verstellt und blockiert. Die Lesbarkeit des Felssporns, auf dem sich der Turm erhebt, wird stark gestört. Der Wanderweg, welcher einem im Gebiet verbreiteten Muster folgend über den Grat läuft, muss unnötigerweise auf die Seite verlegt werden. Verstellt wird auch der Blick von der Lichtung Richtung Süden, der heute je nach Jahreszeit bzw. Belaubungszustand des Waldes ändert: im Winterhalbjahr eröffnet sich eine Aussicht auf das Tal und den gegenüberliegenden Hügelzug, wie schon am Augenschein anfangs November erkennbar wurde.
Die geplante Anlage erinnert an eine mittelamerikanische Stufenpyramide und lässt die Mauerfragmente am Ort der historischen Burgstelle bedeutungslos wirken. Mit der über dem Sockel vorgesehenen Stahlkonstruktion entsteht ein Gebilde, welches mit seinen zwei weiteren Plattformen, der weit auskragenden obersten Plattform, dem Dach und dem Fahnenmast gestalterisch nicht zu befriedigen vermag. Schon der Sockel ist ein wuchtiges Element im lichten Wald, auch ohne Turmaufbau, welcher durch die eingefügte Normtür wiederum konterkariert wird. Die hybride Stahlkonstruktion mit den geknickten Hauptstützen und der zusätzlichen Mittelstütze für die gewendelte Treppe, den unterschiedlichen Geländerlösungen, den kreuzweisen Verspannungen aus Kabeln und dem vergleichsweise klein wirkenden Dach aus Chromstahlblech ist überladen. Die Konstruktion wirkt als eine Summe von sehr vielen Einzelentscheiden ohne inneren Zusammenhalt. Die beabsichtigte Gestaltung wirkt insgesamt massiv störend in ihrer unkontrollierten Vielfalt an Details und Formen und lässt sich mit dem Ziel der ungeschmälerten Erhaltung der von störenden Bauten weitgehend frei gebliebenen Landschaft, aber auch mit der Bedeutung des Gebietes als wichtiges Wandergebiet nicht vereinbaren.
Zum anderen führt die vorgesehene Höhe des Turms, namentlich angesichts der ausladenden Gestaltung der überdachten Plattform, der funktional unnötigen und als Wetterschutz ungeeigneten Überdachung und der offenbar erforderlichen Befeuerung der Turmspitze zu einem neuen, schweren Eingriff in das Landschaftsbild, wie es sich vom Tal her erleben lässt. Der heutige Turm ist mit Ausnahme seiner Fahne vom Tal aus nicht zu sehen. Die das Klettgau flankierenden Hügelketten zeigen sich weitgehend frei von technischen Anlagen, welche diese überragen.
Der geplante Turm wird durch die exponierte Lage auf einem ins Tal vorspringenden Sporn von weitem sichtbar sein. Er ragt über die bewaldete Kuppe hinaus und zieht grossräumig die Aufmerksamkeit auf sich; dies namentlich deshalb, weil die oberste Plattform eine Fläche von 64 m2 aufweisen soll während die heutige Plattform ca. 16 m2 umfasst - und von einem Dach mit einer Fläche von 25 m2 überragt wird. Darüber erhebt sich der Mast mit Fahne und Positionslicht, welcher etwa in 26 m Höhe endet. Die vorgesehene Höhe dient, wie sich den Ausführungen der Projektverfasser am Augenschein entnehmen lässt, weniger der Gewährleistung der Fernsicht Richtung Alpen, sondern vor allem dazu, den Blick auf Siblingen und auf das weiter nördlich gelegene Randenhaus zu ermöglichen. Damit soll nicht bloss ein Aussichtsturm, sondern ein Wahrzeichen in die Landschaft gestellt werden. Der Turm in der vorgesehenen Gestalt muss indessen vor allem als störendes, in der schützens-
werten Landschaft des Randens unpassendes Bauwerk, das nachts überdies eine unerwünschte Lichtquelle trägt, qualifiziert werden.
Der Beringer Randenturm, der 1996 neu um 9 m höher als der Vorgängerturm gebaut wurde, ist zwar vom Tal aus teilweise als den Horizont übersteigend sichtbar; er steht indessen zurückversetzt vom Haupttal, weshalb er das Gesamtbild weniger stark stört. Wie überdies anzumerken ist, verfolgt die Eidgenössische Naturund Heimatschutzkommission seit 1998 eine konsequenter als zuvor auf die jeweils massgeblichen Schutzziele ausgerichtete Praxis (siehe dazu Heinz Aemisegger/Stephan Haag, Gedanken zu Inhalt und Aufbau der Gutachten der Eidg. Naturund Heimatschutzkommission, in: Umweltrecht in der Praxis, 1998 S. 568 ff). Im Lichte dieser Praxis ist es wenig wahrscheinlich, dass das Beringer Projekt heute gleich wie damals beurteilt würde.
Die ENHK beantragt aus diesen Gründen, die Beschwerde gegen die erteilten Baubewilligungen gutzuheissen und diese Bewilligungen aufzuheben. Die Planung eines bewilligungsfähigen Projekts wird sich an Folgendem zu orientieren haben:
Die Gestaltung soll nicht wesentlich von jener des heutigen Turms abweichen, sowohl in der Dimensionierung, als auch in der Materialisierung. Es ist eine leichte, der heutigen vergleichbare Fundierung vorzusehen.
Die Turmhöhe muss so bemessen werden, dass sich eine Befeuerung erübrigt. Grundsätzlich erscheint eine Anordnung der obersten Plattform (Unterkante) nur unwesentlich über der Höhe der umgebenden Baumwipfel als angezeigt. Der heute noch bestehende, aber aus Sicherheitsgründen nicht mehr zugängliche Turm aus dem Jahre 1884 mit seiner Höhe von 12 m konnte über 100 Jahre als Aussichtsturm dienen, weil in Zusammenarbeit mit dem Forstamt am steil abfallenden Hang in kleinem Radius die an diesem Standort nur langsam wachsende Bewaldung nieder gehalten und dadurch die Sicht auf den Gegenhang und bei klarem Wetter bis zu den Alpen zum mythischen Zentrum der Schweiz gewährleistet wurde. Solche Eingriffe zur Wahrung der Aussicht sind ohne weiteres auch in Zukunft möglich.
Die Anlage der temporären Baustellenzufahrt und des Stapelund Wendeplatzes für die Fahrzeuge ist mit den Schutzzielen des BLN vereinbar. Insbesondere müssen auf den dafür vorgesehenen Flächen, trotz Rodungsgesuchspflicht, faktisch keine Bäume gefällt werden. Eine Wiederherstellung ist somit ohne bleibende Schäden möglich.
Die ENHK gelangt aufgrund dieser Überlegungen zum Schluss, dass der vorgesehene Neubau des Aussichtsturms eine schwere Beeinträchtigung des BLN-Objektes Nr. 1102 Randen darstelle und beantragt, dass die erteilten Bewilligungen aufgehoben werden. Im Hinblick auf die Ausarbeitung eines neuen Projekts hält die Kommission fest, dass
ein neuer Turm nicht wesentlich höher wie der bestehende werde und kein Dach erhalten darf,
ein neuer Turm wie bisher ohne Sockel als einfache Stahlkonstruktion direkt aus dem Wald heraus wachsen und die Treppe innerhalb des Gevierts des Turms angelegt werden soll,
ein neuer Turm keine glänzenden und reflektierenden Materialien aufweisen soll.
aa) Bei der Beurteilung und Würdigung des ENHK-Gutachtens ist zunächst die Frage zu klären, was Landschaftsverträglichkeit im Sinn des BLN bedeutet, zumal dies auch für die Frage der Konkretisierung der Schutzziele im vorliegenden Fall von Bedeutung ist, wo der Regierungsrat eine Ergänzung bzw. Präzisierung mit folgendem Inhalt vorschlägt: Grundsätzlich bewilligungsfähige Bauvorhaben gelten aus der Sicht des Landschaftsschutzes als unproblematisch, soweit sie das Landschaftsbild nicht beeinträchtigen. Bereits aus dieser Formulierung ergibt sich, dass der Regierungsrat die Landschaftsverträglichkeit im Sinn der BLN-Vorschriften ausschliesslich jedenfalls vorwiegend im Sinn des Schutzes des grossräumigen Landschaftsbildes, nicht auch der kleinräumigen Naturlandschaft verstehen will. Dieses Verständnis des Landschaftsschutzes ist jedoch viel zu eingeschränkt und lässt sich weder mit den Grundlagen des BLN noch mit den heutigen Anforderungen an einen nachhaltigen Naturund Landschaftsschutz vereinbaren. Es mag zutreffen, dass der Begriff des Landschaftsschutzes ursprünglich vor allem im Sinn des Schutzes des optischen Landschaftsbildes verstanden worden ist.19 Bereits aus der 1962 geschaffenen Verfassungsgrundlage des Natur-
und Heimatschutzes auf Bundesebene und dem NHG als Ausführungsgesetzgebung ergibt sich jedoch, dass von einem weiteren Begriff des Landschaftsschutzes auszugehen ist, wurde doch in Art. 24sexies aBV20 ausdrücklich von Schutz des heimatlichen Landschaftsund Ortsbildes sowie von Naturund Kulturdenkmälern gesprochen.21 Entsprechend diesem Verfassungsauftrag hat der Bund 1977 gestützt auf Art. 5 NHG durch eine Verordnung (VBLN) das Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler (BLN) geschaffen, aus dessen Titel sich bereits ein klar über das Landschaftsbild hinausgehender Schutz ableiten lässt. Inzwischen spricht im Übrigen auch der
Vgl. zum Begriff des Landschaftsschutzes und dessen Entwicklung Josef Rohrer in Keller/ Zufferey/Fahrländer (Hrsg.), Kommentar zum Bundesgesetz über den Naturund Heimatschutz, Zürich 1997, S. 15 ff., mit zahlreichen Hinweisen, u.a. auf BGE 90 I 341.
Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 29. Mai 1874 (BS 1, S. 3 ff.).
Vgl. dementsprechend auch die Umschreibung in der Grundnorm von Art. 3 NHG.
Verfassungsauftrag nicht mehr vom Schutz des Landschaftsbildes als solchem, sondern der Landschaft an sich.22
Durch das BLN besonders geschützt werden denn auch eine grosse Zahl von Landschaften und Naturdenkmälern von ganz unterschiedlicher Grösse, Lage und Beschaffenheit, wobei namentlich besonders wertvolle und möglichst wenig veränderte sowie in naturnaher Weise genutzte (Kultur-)Landschaften und Naturdenkmäler erfasst werden. Ziel des Inventars ist es, Vielfalt und Eigenart der einzelnen Objekte zu bewahren und gleichzeitig zur Erhaltung der landschaftlichen Schönheit, der natürlichen Ressourcen und der Biodiversität der Schweiz beizutragen.23 Dieser Zielsetzung entsprechen die von der ENHK für das Gebiet des Siblinger Randens formulierten, an die allgemeine Umschreibung für das BLN-Objekt Nr. 1102 Randen angelehnten konkreten Schutzziele (ungeschmälerte Erhaltung der stark bewaldeten und noch weitgehend von technischen Infrastrukturen und störenden Bauten frei gebliebenen Landschaft; ungeschmälerte Erhaltung der naturnahen Lebensräume).24 Eine Grundlage für eine Einschränkung dieser Schutzziele im Sinn des Vorschlags des Regierungsrats, welcher den Schutz bei grundsätzlich bewilligungsfähigen Bauvorhaben auf das Landschaftsbild beschränken will, ist nicht ersichtlich und würde vielmehr den Zielsetzungen des BLN-Inventars widersprechen. ...
bb) In grundsätzlicher Hinsicht rügt der Regierungsrat, die ENHK habe keine bzw. keine genügende Interessenabwägung vorgenommen und insbesondere das Interesse an der Förderung eines naturnahen Tourismus und der möglichen Schaffung eines regionalen Naturparks nicht berücksichtigt. Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die Aufnahme eines Gebiets in das BLNInventar gemäss Art. 6 NHG bewirkt, dass das betreffende Gebiet in besonderem Mass die ungeschmälerte Erhaltung, jedenfalls aber unter Einbezug von Wiederherstellungsoder angemessenen Ersatzmassnahmen die grösstmögliche Schonung verdient; allenfalls denkbar sind sofern hiefür überwiegende Interessen bestehen - nur geringfügige Eingriffe, welche die Schutzziele nicht wesentlich beeinträchtigen.25 Ein Abweichen von der ungeschmälerten Erhaltung darf im Übrigen bei der Erfüllung von Bundesaufgaben, wozu wie erwähnt - die Erteilung von Ausnahmenbewilligungen nach Art. 24 RPG und
Vgl. dazu und generell zur offen angelegten Umschreibung der NHG-Schutzobjekte Arnold Marti in St. Galler Kommentar zur Bundesverfassung, 2. A., Zürich/St. Gallen 2008, Art. 78 Rz. 9, S. 78.
Vgl. dazu Das BLN im Überblick unter www . bafu . admin . ch , Rausch/Marti/Griffel, Rz. 567 f., S. 189, Jörg Leimbacher, Komm. NHG, Art. 5 Rz. 10 ff., S. 196 ff., und Nina Dajcar, Naturund Heimatschutz-Inventare des Bundes, Diss. Zürich 2011, S. 6 f.
Vgl. dazu im einzelnen oben E. 3d.
Vgl. Art. 6 Abs. 1 NHG und dazu Rausch/Marti/Griffel, Rz. 552 ff., S. 183 f.
von Rodungsbewilligungen gehört, nur in Erwägung gezogen werden, wenn ihr bestimmte gleichoder höherwertige Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung entgegenstehen.26 Hinsichtlich der Abgrenzung anderer Interessen von ebenfalls nationaler Bedeutung besteht noch kaum eine konsistente Praxis des Bundesgerichts; dieses nimmt meist vielmehr eine Würdigung im Einzelfall vor. Als solche Interessen anerkannt wurden etwa Interessen der Landesverteidigung, des Hochwasserschutzes, des Fernmeldeverkehrs sowie der Energieund Rohstoffversorgung, wobei aber nicht jede Anlage in diesen Bereichen von nationaler Bedeutung ist, sondern die Bedeutung des betreffenden Projekts im Gesamtrahmen gewürdigt werden muss.27 Tourismusinteressen wurden bisher vom Bundesgericht noch kaum je als nationale Interessen anerkannt, welche eine Abweichung von der ungeschmälerten Erhaltung von BLN-Objekten zu rechtfertigen vermögen.28 Auch der geplante neue Aussichtsturm entspricht offensichtlich lediglich einem regionalen touristischen Interesse und vermag daher eine Abweichung von der ungeschmälerten Erhaltung eines BLN-Objektes nicht zu begründen. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer zu Recht darauf hingewiesen, dass die ENHK sich ja nicht grundsätzlich gegen einen neuen Randenturm ausgesprochen hat, sondern nur gegen die vorgesehene Turmgestaltung und -höhe. Insofern stellt sich die Frage einer Abwägung von unterschiedlichen nationalen Interessen gar nicht, wobei überdies darauf hinzuweisen ist, dass selbst bei Bestehen von gleichoder höherwertigen Interessen von nationaler Bedeutung auf eine grösstmögliche Schonung der BLN-Objekte zu achten ist, was gegebenenfalls auch entsprechende gestalterische Einschränkungen und Auflagen erfordert.29 Bei Windenergieanlagen wiederum stellen sich ganz andere Fragen, weshalb diesbezüglich ohnehin nichts aus dem vorliegenden Entscheid abgeleitet werden kann.30 Der Umstand, dass im Kanton Schaffhausen möglicherweise ein regionaler Naturpark im Sinn von Art. 23g NHG errichtet wird,31 vermag ebenfalls nichts an der Geltung und Anwendung der BLN-Vorschriften zu
Vgl. Art. 6 Abs. 2 NHG und dazu Rausch/Marti/Griffel, Rz. 555 ff., S. 184 f.
Vgl. dazu Rausch/Marti/Griffel, Rz. 557, S. 185, Leimbacher, Komm. NHG, Art. 6 Rz. 21,
S. 215, und Dajcar, S. 135 ff.
Vgl. z.B. BGE 127 II 273 E. 4e S. 286 zu einer geplanten Bootssteganlage in Ermatingen (blosses regionales touristisches Anliegen).
Vgl. dazu Rausch/Marti/Griffel, Rz. 558, S. 185 f.; Leimbacher, Komm. NHG, Art. 6 Rz. 26,
S. 217 f., und Dajcar, S. 139.
Vgl. dazu das BAFU-Positionspapier Windenergie vom März 2010 unter www . admin . bafu . ch und die von den eidgenössischen Räten angenommene Motion 09.4082 (Beschleunigung der Bewilligungsverfahren für Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien) von Nationalrat Cathomas.
Die Trägerschaft soll im Januar 2012 gegründet werden; vgl. Schaffhauser Nachrichten vom
19. November 2011, S. 17.
ändern. Der Einbezug von BLN-Inventargebiet in einen regionalen Naturpark kann selbstredend nicht zu einer Aufweichung des BLN-Schutzes führen; vielmehr sind bei einer Überlagerung von Parkund Inventargebieten die jeweils strengeren Vorschriften zu beachten.32
cc) Die Beschwerdegegner machen sodann allgemein noch geltend, die ENHK lege im vorliegenden Fall andere Massstäbe an als bei andern entsprechenden Anlagen in der übrigen Schweiz, und verweisen hiefür in erster Linie auf das Beispiel des Uetlibergs. Dazu hält die ENHK aber zu Recht fest, dass der Uetliberg von einem grossen und landschaftlich tatsächlich problematischen Sendeturm der Swisscom (nationales Fernmeldeinteresse) dominiert werde und überdies bereits mit zahlreichen intensivtouristischen Anlagen belegt sei, weshalb dieses Gebiet nicht mit dem naturnahen Gebiet des Siblinger Randens verglichen werden könne. Dies trifft unbestreitbar zu und kommt auch in den besonderen Schutzzielen für den Siblinger Randen zum
Ausdruck.33 Im Übrigen kann auch darauf hingewiesen werden, dass das Bundesgericht durchaus auch im Gebiet des Uetlibergs auf der Einhaltung der bestehenden bauund planungsrechtlichen Vorschriften beharrt.34
dd) aaa) Für die Beurteilung des Bauprojekts ist somit wie dargelegt
von den von der ENHK festgelegten konkretisierten Schutzzielen auszugehen, wobei geprüft werden muss, ob diese Zielsetzungen durch das vorliegende Bauvorhaben eingehalten werden nicht. Unbestritten geblieben ist hierbei, dass am vorgesehenen Standort ein Aussichtsturm erstellt werden darf, zumal es sich um eine Ersatzbaute handelt und die Standortgebundenheit gegeben ist.35 Zu prüfen ist jedoch, ob die vorgesehene Ersatzbaute mit den konkretisierten Schutzzielen vereinbar ist nicht. Die ENHK verneint dies namentlich aus zwei Gründen. Zunächst wird die Gestaltung und Materialisierung des vorgesehenen Turms kritisiert. Tatsächlich ist nicht ersichtlich, weshalb in der sensiblen, bisher abgesehen vom einfach und transparent konstruierten Stahlturm unverbauten Naturlandschaft ein derart massiver Turmsockel in der Grösse eines Einfamilienhauses erstellt werden muss, womit die Waldlichtung versperrt wird, der natürliche Geländeverlauf nicht mehr vollständig einsehbar ist und der auf dem Grat verlaufende Wanderweg verlegt werden muss. Auch die bestehenden Mauerfragmente der historischen Burg-
Vgl. dazu Arnold Marti, Bundesinventargebiete und neue Naturpärke: Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Bewertung, in: Bisang/Hirschi/Ingold (Hrsg.), Umwelt und Gesellschaft im Einklang Festschrift für Willi Zimmermann, Zürich/St. Gallen 2011, S. 31 ff., S. 40.
Vgl. dazu oben E. 3d/Einleitung.
Vgl. BGE 1C_328/2010 vom 7. März 2011 (Ablehnung der nachgesuchten nachträglichen bauund forstrechtlichen Bewilligungen für verschiedene bereits erstellte Neubauten und -anlagen).
Vgl. dazu oben E. 3b.
anlage werden dadurch völlig unnötig tangiert, wenn es sich hierbei auch nur um eine geringfügige Beeinträchtigung handelt.36 Ein entsprechendes massives Fundament ist aber jedenfalls weder von der Konstruktion des Turms her erforderlich, noch dient es einem zulässigen zwingenden Zweck. Insoweit liegt jedenfalls keine blosse Architekturkritik vor. Vielmehr wird die Schutzzielsetzung (möglichst ungeschmälerte Erhaltung der bisher weitgehend frei gebliebenen Naturlandschaft) durch diesen Sockelbau völlig unnötig und nicht nur geringfügig beeinträchtigt. Bereits dieser Mangel führt dazu, dass das vorliegende Baugesuch in der vorgelegten Form nach insoweit einmütiger Auffassung der urteilenden Kammer des Obergerichts jedenfalls nicht bewilligt werden kann.
bbb) Die ENHK macht weitere Mängel des vorliegenden Projekts geltend. So vermöchten weitere Gestaltungselemente (namentlich die weit auskragende oberste Plattform, das Dach und der Fahnenmast) nach Auffassung der ENHK gestalterisch nicht zu befriedigen. Die ENHK findet, die hybride Stahlkonstruktion mit den geknickten Hauptstützen und der zusätzlichen Mittelstütze für die gewendelte Treppe, den unterschiedlichen Geländerlösungen, den kreuzweisen Verspannungen aus Kabeln und dem vergleichsweise klein wirkenden Dach aus Chromstahlblech sei überladen. Die Konstruktion wirke als eine Summe von sehr vielen Einzelentscheiden ohne inneren Zusammenhalt. Die beabsichtigte Gestaltung wirke insgesamt massiv störend in ihrer unkontrollierten Vielfalt an Details und Formen und lasse sich daher mit dem Ziel der ungeschmälerten Erhaltung der von störenden Bauten weitgehend frei gebliebenen Landschaft nicht vereinbaren. Diese Kritik betrifft sehr ausgeprägt die Turmgestaltung, und es ist insofern nicht ganz unverständlich, dass der Regierungsrat rügt, es handle sich vorwiegend um Architekturkritik, die mit der Landschaftsverträglichkeit nichts zu tun habe. Letzteres trifft allerdings nach Auffassung der Gerichtsmehrheit insofern nicht zu, als das Ziel der ungeschmälerten Erhaltung der weitgehend von technischen Infrastrukturen frei gebliebenen Landschaft und der naturnahen Lebensräume eine möglichst wenig störende, naturnahe Gestaltung des grundsätzlich zulässigen Turms erfordert. Es kann hierbei nach Auffassung der Gerichtsmehrheit auch darauf hingewiesen werden, dass für die Schaffung eines eigentlichen Wahrzeichens, wie dies die Beschwerdegegnerin 1 im Zusammenhang mit der Erstellung eines neuen Turms beansprucht, ganz abgesehen von der Landschaftsverträglichkeit keine Standortgebundenheit geltend gemacht werden
kann.37 Nach Auffassung der Gerichtsminderheit könnte dagegen der Turm abgesehen vom unnötigen und störenden Sockelbau grundsätzlich in der
Vgl. dazu Stellungnahme der Kantonsarchäologie vom 6. Januar 2011.
Vgl. oben E. 3b a.E.
vorgelegten Form verwirklicht werden, da er lediglich Ersatz des bestehenden Turms bildet, Randentürme zum Schaffhauser Landschaftsbild gehören und die baugesuchstellende Gemeinde über eine gewisse gestalterische Freiheit sollte verfügen können. Die Gerichtsminderheit würde daher nur eine Auflage machen, weniger störendes Material zu verwenden sowie auf den massiven Sockelbau zu verzichten.
ccc) Im Zusammenhang mit der Turmgestaltung ist noch die besondere Frage der Turmhöhe umstritten, welche die ENHK als übermässig beurteilt. Sicher trifft es zu, dass der geplante Turm durch die exponierte Lage auf dem ins Tal vorspringenden Sporn des Siblinger Randens von weither sichtbar ist, soweit er die bewaldete Kuppe überragt. Andererseits ist zu beachten, dass die Funktion eines grundsätzlich zulässigen Aussichtsturms nur gewährleistet ist, wenn er die Baumwipfel überragt und eine Aussicht effektiv ermöglicht. Nach Möglichkeit soll ein Aussichtsturm auch eine Rundumsicht gewährleisten, weshalb es insoweit verständlich ist, dass die Beschwerdegegnerin 1 auch eine Sicht auf das Siblinger Randenhaus ermöglichen will. Soweit es ohne übermässigen Eingriff in die Landschaft möglich ist, darf hierbei auch die Sicht auf die Standortgemeinde ermöglicht werden. In diesem Sinn erscheint das ENHK-Gutachten nach einmütiger Auffassung der urteilenden Gerichtskammer als zu streng, soweit es lediglich eine Turmhöhe von zwei Metern über den heute bestehenden Baumwipfeln ermöglichen will. Dies vor allem auch deshalb, weil für die Zukunft ein Zurückschneiden der Waldbäume empfohlen wird, was kaum im Sinn eines wohlverstanden Naturund Landschaftsschutzes ist.38 Wird ein Aussichtsturm zugelassen, was im vorlie-
genden Fall dem Grundsatz nach unbestritten geblieben ist, muss daher in Kauf genommen werden, dass der Turm die Silhouette der bewaldeten Randenhöhe durchbricht und vom Tal her sichtbar ist. Es kann in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden, dass die andern vergleichbaren Randentürme durchaus auch Höhen von 20 Metern (Schleitheimer Randenturm) bzw. 26 Metern (Beringer Randenturm) aufweisen,39 wobei die Erhöhung des Beringer Randenturms von 18 auf 26 Meter von der ENHK noch 1996 als landschaftsverträglich bezeichnet wurde mit dem Hinweis, dass der neue Turm das BLN-Gebiet kaum mehr beeinträchtigen würde als der bestehende und solche Aussichtstürme überdies Kulturobjekte seien, die vom zunehmenden Verständnis für unsere Landschaft und vom Tourismus des
Vgl. dazu auch das ENHK-Gutachten zum Beringer Randenturm vom 4. Oktober 1996, wo ein entsprechendes Niederhalteservitut als Widerspruch zur Walderhaltungspflicht bezeichnet wurde.
... Der Hagenturm (40 m) stellt insofern eine Besonderheit dar, als dessen primäre Funktion einer Übermittlungseinrichtung im Rahmen der Landesverteidigung dient.
19. Jahrhunderts zeugten.40 Es trifft zwar zu, dass der Beringer Randenturm weniger exponiert ist als der Siblinger Randenturm, doch übersteigt er ebenfalls den Horizont. Dies wird aber durch die konkretisierten BLN-Schutzziele auch nicht ausgeschlossen, zumal sich diese nicht ausdrücklich mit der Horizontlinie befassen, sondern lediglich allgemein eine ungeschmälerte Erhaltung der von technischen Infrastrukturen und störenden Bauten frei gebliebenen Landschaft verlangen, was wie erwähnt - den notwendig gewordenen Ersatz des bestehenden Aussichtsturms nicht ausschliesst und von dessen Funktion her bzw. zur Vermeidung problematischer Niederhalteanordnungen eine gewisse Erhöhung des Turms erfordert. Insoweit vermag nach Auffassung der urteilenden Gerichtskammer auch die heutige, methodisch konsequentere Praxis der ENHK, welche namentlich eine ausdrückliche Konkretisierung der Schutzziele verlangt, die viel strengere Beurteilung als beim Beringer Randenturm entgegen den Darlegungen im ENHK-Gutachten - nicht zu begründen.
ddd) Nach einmütiger Auffassung der urteilenden Kammer des Obergerichts könnte somit grundsätzlich ein höherer Turm gebaut werden, als dies die ENHK zulassen will. Die Zulassung einer über das von der ENHK zugestandene Mass hinausgehenden Turmerhöhung legt allerdings für die Gerichtsmehrheit eine besonders rücksichtsvolle, möglichst einfache und wenig störende Bauweise nahe, welcher die vorgesehene Gestaltung mit der auch unter Sicherheitsaspekten41 nicht unproblematischen grossen, weit auskragenden Aussichtsplattform, dem chromstahlglänzenden Dach und dem grossen Fahnenmast nicht entspricht.42 Ein neuer Turm sollte vielmehr wie bisher ohne Sockel als einfache Stahlkonstruktion direkt aus dem Wald heraus wachsen und die Treppe innerhalb des Gevierts des Turms angelegt werden; überdies sollte der Turm keine glänzenden und reflektierenden Materialien aufweisen und keinen Dachaufbau, sondern höchstens allenfalls einen nicht sehr grossen, unauffälligen Fahnenmast erhalten.43 Es kann in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen werden, dass die ENHK im Falle des Beringer Randenturms die frühere Konstruktion als eher schwerfällig bezeichnet und eine neuzeitliche elegantere Form als wünschbar bezeichnet
Vgl. dazu das erwähnte ENHK-Gutachten, S. 2.
Soweit ersichtlich wurde namentlich die Frage eines genügenden Fluchtwegs nicht geprüft.
Vgl. zum Grundsatz grösstmöglicher Schonung von BLN-Objekten auch Art. 6 Abs. 1 NHG und dazu Rausch/Marti/Griffel, Rz. 558, S. 185 f., Leimbacher, Komm. NHG, Art. 6 Rz. 26,
S. 217 f., und Dajcar, S. 139.
Vgl. dazu die Empfehlungen der ENHK im Gutachten, S. 5, auf welche insoweit verwiesen werden kann.
hat.44 Bei einem neuen Projekt werden daher nach Auffassung der Gerichtsmehrheit die erwähnten Grundsätze (einfache und elegante, möglichst wenig störende Bauweise) zu beachten sein, und auch die Turmhöhe wird auf das im erwähnten Sinn nötige Mass (Plattformhöhe maximal 19 m, Turmspitze maximal 25 m) zu beschränken sein.45 Dabei ist insbesondere auch dafür zu sorgen, dass keine zusätzliche Lichtquelle (Befeuerung wegen Flugsicherheit) nötig wird. Dies sollte aber bei einer Höhe unter 25 Metern nach den Angaben der Baugesuchstellerin ohne weiteres möglich sein.
Die Gerichtsminderheit würde demgegenüber den vorgesehenen neuen Turm in der projektierten Form, aber ohne Sockelbau, mit unproblematischen Materialien und einer Maximalhöhe von 25 Metern zulassen.
Die unterschiedlichen Auffassungen von Gerichtsmehrheit und Gerichtsminderheit wirken sich auch auf das Ergebnis aus. Nach Auffassung der Gerichtsmehrheit muss das Projekt in verschiedener, im Einzelnen noch nicht bestimmter Hinsicht (namentlich bezüglich Sockel, Treppenaufgang, Plattform, Dach und Fahnenmast) überarbeitet werden, was eine grundsätzliche Projektänderung darstellt, eine neue Ausschreibung erfordert und daher entgegen der Auffassung der Baugesuchstellerin nicht durch Auflagen im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens erledigt werden kann.46 Die erteilte baurechtliche Ausnahmebewilligung muss daher aufgrund der von der Gerichtsmehrheit bemängelten Punkte in Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufgehoben werden. Die von der Gerichtsminderheit bemängelten Punkte (Weglassen des unnötigen und störenden, für die Konstruktion nicht erforderlichen Sockelbaus und andere Materialwahl) könnten dagegen nach Auffassung der Gerichtsminderheit durch eine bloss teilweise Gutheissung und Anbringung entsprechender Auflagen berücksichtigt werden.
Vgl. Gutachten vom 4. Oktober 1996, S. 1 und S. 2. Vgl. auch die mit der Vernehmlassung des Regierungsrats vom 9. März 2010 eingereichte Beilage Aussichtstürme Schweiz/ Deutschland mit guten und schlechten Beispielen.
Vgl. dazu oben E. 3e dd ccc.
Vgl. dazu Art. 73 des Gesetzes über die Raumplanung und das öffentliche Baurecht im Kanton Schaffhausen vom 1. Dezember 1997 (Baugesetz, SHR 700.100); zu den Grenzen einer Korrektur eines Baubewilligungsentscheids durch blosse Auflagen OGE Nr. 60/1999/10 vom
3. Dezember 1999, E. 5b, c, Amtsbericht 1999, S. 117 ff. (keine wesentliche Projektänderung bei Auflage der Verbreiterung der Erschliessungsstrasse bei grösserer Reihenhausüberbauung).
Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.
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